Überholtes Schulsystem
Unter den 15 Frauen im letzten Retreat waren vier Lehrerinnen.
Vier dieser vier Lehrerinnen würden das Schulsystem am liebsten verlassen.
Sie haben Glück. Sie sind erwachsene Frauen, die einen Weg damit finden können, bei der Berufswahl möglicherweise die falsche Entscheidung getroffen zu haben.
Vier Frauen, denen es problemlos gelingen kann, ein neues Umfeld zu finden, in dem sie ihre Haltung, ihre liebevolle Zugewandtheit, ihre Ambitionen so leben können, dass sie sich daran nicht aufreiben.
Blöd, aber machbar.
Millionen von Kindern können das nicht.
Sie können ihre Schule nicht wählen, weil Schulbezirksordnung, elterlicher Geldbeutel und 100 andere externe Faktoren ihnen vorschreiben, wo sie die nächsten 10 Jahre ihre Schulanwesenheitspflicht absitzen.
Dort lassen wir sie dann sitzen, lassen sie sich mit Dingen befassen, die sie nicht interessieren, lassen sie diese Dinge zum Prüfungstermin wieder ausspucken, sorgen mit einem Bewertungssystem dafür, dass sie sich dazu entscheiden, da mitzuspielen und nennen das Lernen.
Und bei alldem können sie nicht mal kündigen.
Sie können nicht gehen, weil das Umfeld ihnen nicht wohltut. Sie können sich die Klassenkameraden nicht aussuchen, nicht die Lehrer und nicht den Stoff.
Nichts können sie wählen.
Ihre einzige Freiheit besteht darin, sich für Folgsamkeit zu entscheiden, um sich die größten Nachteile vom Hals zu halten.
Prof. Dr. Uwe Kleinbeck und Trudi Kleinbeck widmen sich in ihrem Lehrbuch “Arbeitsmotivation” dem Thema, das wir in Schulen sträflich vernachlässigen und das kausal für das Leid so vieler Kinder ist.
Sie schreiben darin, dass „die ideale Passung von Motivation und Arbeit erreicht“ ist, „wenn der Mensch seiner Selbstentfaltung nachgehen kann: Selbsterfüllung in der Realisierung der eigenen angelegten Möglichkeiten und Fähigkeiten bedeutet nicht nur eine höhere Produktivität, sondern auch eine größere biologische Effizienz, längeres Leben, weniger Krankheiten, besseren Schlaf, Heiterkeit, inneren Reichtum …”
Ist doch nicht so schwierig liebe Gesellschaft.
Wir alle wollen mit unserem Tun ausdrücken, wer wir sind. Wir alle tragen erstmal eine Menge intrinsischer Motivation ins uns, die uns nur leider systematisch abtrainiert wird. Hätten wir alle noch Zugang zu dieser Motivation, müssten wir uns über Outcome wenig Gedanken machen, denn das Ergebnis wäre ja eben LEISTUNG.
Oder was soll dabei herauskommen, wenn alle tun, was sie gut können?
Nur der Weg zum guten Ergebnis wäre eben weniger zäh und destruktiv.
Stattdessen arbeiten wir noch mit Methoden des letzten und vorletzten Jahrhunderts, um Kinder zu „motivieren“. Wir checken nicht, dass Belohnung und Bestrafung extrinsische Motivation stärken, was ganz automatisch die intrinsische Motivation schwächen muss.
Die Autoren nennen „Neugier, Zugehörigkeit und Vermeidung von Fremdbestimmung“ als die drei Faktoren, die den Antrieb fürs Lernen bestimmen.
Das Warum fürs Lernen also, nach dem Eltern so oft mit ihren Kindern suchen.
Und wir?
Was tun wir in Schulen?
Wir killen die Neugier, nutzen das Bedürfnis nach Zugehörigkeit als Druckmittel und bestrafen durch Nichterfüllung emotionaler Grundbedürfnisse des Kindes.
Totale Fremdbestimmung.
Ich würde kündigen.
Kein Kind kann das.
Ein Kind kann nur verlorengehen in diesem Wahnsinn oder es kann sich entziehen, es kann aufbegehren.
Und am Schlimmsten: es kann sich anpassen.
Mehr Möglichkeiten hat es nicht.
Alles daran kostet dein Kind ein Stück von sich selbst -manches mehr und manches weniger.
Also lass wenigstens nicht zu, dass dein Kind sich entscheiden muss, einen Teil in sich aufzugeben, damit du dich sicherer fühlst.
Ich bin’s satt, dass wir nicht sehen, was es unsere Kinder kostet.
Ich bin’s satt, dass wir so tun, als gebe es kein Problem.
Ich bin’s satt zu hören, dass Kinder ein Recht auf Bildung haben und wir hierfür ihr Recht auf Beziehung mit Füßen treten.
Ich bin’s satt, zu hören, wie auf Außenseiter noch mehr Druck zur Anpassung aufgebaut wird, wo das Kind doch schon so laut nach Zugehörigkeit schreit.
Ich bin’s satt, dass wir so sehr übersehen, was wir unseren Kinder antun und wir für normal halten, was krank macht.
Satt.
Und wo ich früher noch dachte, es sei bedauerlich, dass die guten Lehrer das System verlassen und umschulen oder auf freie Schulen wechseln, weil es sie doch so sehr braucht, so denke ich mir mittlerweile: bitte geht.
Schneller.
Alle.
Sofort.
Lasst das halbtote Bildungssystem einfach endlich kollabieren.
Da gibt’s nix zu reanimieren.
Und bevor du fragst: nein, ich hab natürlich keine kurzfristige Lösung. Vor Lösung kommen Bewusstsein, Klarheit und Erkenntnis. Sind sie da, werden sie zum Teil der Lösung.
Also sieh hin.
Tu nicht so, als sei das normal.
Sprich drüber.
Teil das.
Stopp das.
Übernimm Verantwortung.
Sei unbequem.
Mach da nicht mit.
💛
Break the cycle.