Urvertrauen und Bindung
48 Jahre musste ich alt werden, um den Menschen zu treffen, dem ich erstmals glauben konnte, dass er mich nicht fallenlässt, wenn er sagt, dass er mich nicht fallenlässt.
In dem Fall hat er gesagt, dass er mich nicht ins Wasser fallen lässt – von dem Katamaran, auf dem wir auf einem Rumpf im maximalen Winkel saßen-bei höherer Windstärke und starkem Wellengang.
48 Jahre hat es gedauert, bis ich im Außen erfahren konnte, was ich im Inneren längst gefunden hatte: Vertrauen darin, dass mir jemand Halt schenkt (auf nem Segelboot ).
47 Jahre, in denen ich fehlendes Vertrauen in die Welt, mein Gegenüber und in mich, als Folge völlig chaotischer Bindungserfahrungen, kompensieren musste: kontraphobisches „ich kann das“, reinszenierende Dramen, Weglaufen in 101 Varianten.
Wir alle haben unzählige Möglichkeiten, uns am Ende nicht der Tatsache zu stellen, die so viele so schmerzhaft in sich tragen: fehlendes Urvertrauen als Folge einer nicht erfahrenen, sicheren Bindungserfahrung in frühesten Jahren.
Dann machst du deinen Kram lieber mit dir selbst aus, als zu riskieren, damit alleingelassen oder enttäuscht zu werden. Dann vertraust du nicht darauf, dass dich jemand hält, bis deine Welt wieder in Ordnung ist. Dann musst du bis zur völligen Erschöpfung machen und tun, festhalten, kontrollieren, planen und krampfhaft zusammenhalten, damit die Dinge vorhersehbar für dich ausgehen.
Dann erfüllst du Bedingungen für Liebe, nicht aus Liebe.
Dann trägst du ein Loch spazieren, von dem du im schlimmsten Fall nicht mal etwas ahnst, weil du das zwar für anstrengend oder traurig , aber „normal“ hältst.
Dann fehlt dir eine elementare innere Stabilität, die deine Welt verkompliziert und sie fehlt sogar, wenn du kompensierst und es nicht merkst.
Sie fehlt so lange, bis du sie erfährst.
Zuerst in dir.
Und dann im anderen.
Und dann in deiner ganzen großen Lebendigkeit in dieser Welt.
Über Urvertrauen und Bindung sprechen Philipp von Psychotherapeutische Privatpraxis Ruland und ich in der neuen Podcastfolge „Urvertrauen“. Unseren Podcast „Psychogeflüster für Cyclebreaker“ findest du auf Spotify und YouTube.
Break the cycle.